Interview mit dem Pinneberger Tageblatt vom 21.08.2019

Steinberg will die schwarze Null

Erschienen im Pinneberger Tageblatt am 21. und 22.08.2019

Anfang des Jahres kam ein mahnender Brief aus Kiel, Pinneberg müsse sparen und den Haushalt konsolidieren. Gleichzeitig muss aber in aufgeschobene Projekte investiert werden. Wie kann das unter einen Hut gebracht werden?

So wie es jede Kommune und jedes Land unter einen Hut bekommt. Erstens: Eine Konsolidierung gibt es nicht ohne Sparen. Zweitens: Und eine Zukunft gibt es nicht ohne Investitionen. Wenn beides sinnvoll ist und mit Augenmaß betrieben wird, lässt es sich vereinen. Um einen Haushalt zu konsolidieren, reduziert man die Ausgaben, steigert die Erträge und hält das Defizit so klein wie möglich. Für 2020 haben wir uns vorgenommen, die Schwarze Null zu schaffen. Ein Defizit von acht oder neun Millionen Euro wird es als Vorschlag für die Politik mit mir nicht mehr geben.

Hierfür entwickeln wir bereits hausintern erste Ideen, um der Politik zu den Haushaltsberatungen einen entsprechenden Vorschlag zu unterbreiten.

Daneben werden gerade in einer Arbeitsgruppe die strategischen Ziele der Stadt erarbeitet. Sobald diese feststehen, wird daraus zusätzlich die strategische Haushaltskonsolidierung abgeleitet.

Und selbstverständlich muss Pinneberg – wie wir alle sehr genau wissen – weiter viel investieren. Hier gilt es, noch stärker zu priorisieren und noch mehr als bisher Fördermittel zu finden, die die notwendigen Investitionen haushaltstechnisch erträglicher machen. Für den Stellenplan 2020 wird die Verwaltung der Politik deshalb die Stelle eines Fördermittelscouts vorschlagen. Ich kann mir sogar vorstellen, dass dieser Fördermittelscout auch für andere Kommunen tätig sein könnte, um das Know-how für viele Menschen nutzen zu können.

Pinnebergs Ziel ist es seit langem, mehr Gewerbe anzusiedeln. Wo ist das überall gelungen und wie viel spült das zusätzlich in die Stadtkassen?

Wer Gewerbe ansiedelt, muss in erster Linie Folgendes vor allem haben: sehr viel Geduld und entsprechende Flächen. Die Stadt und der Kreis Pinneberg wachsen und die Nachfrage übersteigt die verfügbaren Flächenangebote deutlich. Neue Firmen kommen nicht einfach so an und sind da. Sondern sie kaufen, verkaufen vielleicht wieder, bauen gleich oder später und melden sich um. Das braucht Zeit. Und erst dann kann Gewerbesteuer fließen. Oft ist es auch so, dass auf vorhandenen Flächen ein „Tausch“ stattfindet. Eine Firma geht, eine andere kommt. Damit lukratives Gewerbe kommt und auch bleibt, haben Stadtverwaltung und Wirtschaftsförderer ständig das Ohr am Markt. Viel mehr, als die Öffentlichkeit auch nur ahnt. Und diese Arbeit trägt Früchte:

Ich freue mich zum Beispiel sehr, dass sich in 2019 Yaans Automobile in der Mühlenstraße oder die Firma GKT in der Haderslebener Straße angesiedelt haben. Radpflege Bane Schwenn ist in Thesdorf neu dazu gekommen und am Rosenfeld wird aktuell das letzte gewerbliche Grundstück bebaut.

Die THS ist endlich fertig, die JCS bekommt aktuell ihren Anbau: Wie weit ist Pinneberg mit der Schulbausanierung?

Mittendrin und voll dabei. Und die Fortschritte werden zunehmend sichtbarer. So soll die THS im Herbst fertig sein. An der JCS werden die Provisorien demnächst abgerissen, damit der Neubau bis Ende 2020 fertig gestellt werden kann.

An der GuGS und an der Grundschulen planen wir gerade neue Gebäude, über die die Politik in Kürze informiert wird. Und die Grundschulen Waldenau, Rübekamp, Helene-Lange und Hans-Claussen sollen eine Mensa teilweise mit weiteren Räumen bekommen. Dagegen ist die Sanierung der naturwissenschaftlichen Räume (Biologie) an der Johannes-Brahms-Schule eher eine kleinere Maßnahme. Und der angedachte Anbau am Schulzentrum Nord ist unkomplizierter.

Parallel dazu wird zum Beispiel die städtische Kita in der Richard-Köhn-Str. seit den Sommerferien saniert.

Der Zeitplan hat sich stark verzögert – die Erfüllungsquote war vor einigen Jahren noch bei etwas über 20 Prozent. Wie sieht es aktuell aus und was steht noch an?

Sie meinen sicherlich die Auszahlungsquote bei den Schulen. Warten wir doch das Jahresende erst mal ab. Wie oben beschrieben läuft es immer runder in Sachen Schulbausanierung.

Und eines bitte und gebe ich zu bedenken, was offenbar immer wieder gern vergessen wird: Solange wir Teilgenehmigungen für unseren Haushalt bekommen, solange können wir auch nur schubweise beauftragen, bauen und bezahlen. Und damit kann, wenn man die Auszahlungsquote betrachtet, niemals das erreicht werden, was bei einer Gesamtgenehmigung am Jahresanfang möglich wäre. Ich hoffe sehr, dass wir bald endlich wieder eine Gesamtgenehmigung erhalten. Einer der wichtigsten Bausteine dafür sind die Jahresabschlüsse. Hier wollen wir Ende 2019 endlich à jour sein.

Die Gelder für den Kunstrasenplatz sind in den Haushalt 2019 gestellt worden. Zuletzt sollte noch ein Gutachten erstellt werden. Wie steht es um das Projekt?

Fördermittel sind beantragt. Hausintern ist es zur Zeit leider etwas schwierig. Wir haben in diesem Bereich aktuell einen extremen Personalengpass.

Die Bismarckstraße wird gerade zur Fußgängerzone umgestaltet, der Wochenmarkt zieht anschließend endgültig in die Innenstadt. Gibt es neue Ideen für den Marktplatz? Wenn ja, wie sehen die aus?

Es gibt schon Interessenten für den Marktplatz und den derzeitigen Parkplatz am Wochenmarkt oder auch viele gute Ideen. Aktuell stellen wir der Politik das Für und Wider einer Bebauung zusammen. Auf jeden Fall kann sich Pinneberg glücklich schätzen, in zentraler Lage eine solch große Fläche zu haben.

Die Innenstadtsanierung ist mit der Bismarckstraße noch nicht abgeschlossen: Die Ebertpassage wird auch umgestaltet. Wie soll es aussehen, wenn alles fertig ist?

Bei der Ebertpassage läuft aktuell ein Umlegungsverfahren, d. h. die Grundstücke werden neu sortiert. Wenn das geschehen ist und wir eine Fördermittelzusage aus Kiel bekommen, kann gebaut werden. Aber vorher wird es selbstverständlich eine öffentliche Veranstaltung geben, in der das neue Gesicht der Ebertpassage vorgestellt wird.

Was sagen die Geschäftsleute zu den Baustellen vor ihren Türen?

Wie bei fast jeder Großbaustelle: Beschwerden wechseln sich ab mit Verständnis und Vorfreude auf die zukünftige Nutzung, gepaart mit Bewunderung für die Bauarbeiter, die auch bei Hitze arbeiten, und dem tägliches Staunen ob des beständigen Fortschrittes.

Nach einer Veranstaltung, individuellen Informationen und vielen Gesprächen ist natürlich am Ende jeder froh, wenn alles fertig ist. Insgesamt ist das in diesem Fall ja eine Operation am offenen Herzen, hier mitten in der City, die aber gut ausgehen wird und den Patienten gesünder sein lässt als je zuvor. Weit vor dem Weihnachtsgeschäft soll alles fertig sein.

Ein Pinneberger Großprojekt steht vor dem Abschluss: Die Westumgehung. Kann man sagen, wie viel Zeit und Ressourcen der Bau die Verwaltung gekostet hat?

Die ersten Gedanken zur Westumgehung sollen aus den End 50er Jahren stammen.

Wie viele Stunden unsere Politikerinnen und Politiker investiert haben, ist schwer zu schätzen. Auch die Verwaltung hat immense Zeiträume aufgebracht. Dezidiert aufgeschrieben hat das bestimmt keiner. Sicher ist nur: Es war eine Menge. Ich danke allen Beteiligten für ihr großartiges und unglaubliches Engagement, ihr Herzblut und ihren Glauben an dieses Großprojekt, das Pinneberg immens zum seinem Vorteil verändern wird.

Wird sich der Aufwand gelohnt haben?

Ganz bestimmt. Gerade in Zeiten des Klimawandels, des Klimaschutzes war und ist es meines Erachtens die richtige Entscheidung, die Innenstadt so wenig wie möglich mit Kraftfahrzeugen zu belasten. Radfahrer bekommen parallel einen „Schnellweg“. Und wir binden zudem fünf Gewerbegebiete an die Autobahn A 23 an.

Jetzt geht’s immer weiter voran: Wann wird der neue Busbahnhof eröffnet?

Unser Ziel ist im September. Und nach dem derzeitigen Stand sollte das zu schaffen sein.

Zwischenzeitlich lagen die Arbeiten ein halbes Jahr brach: Die Statik soll falsch berechnet gewesen sein. Warum hat es so lange gedauert, bis es weiterging?

Das wird eine Überprüfung ergeben, die ich hausintern in Auftrag gegeben habe. Warten wir also die Ergebnisse ab.

Eggerstedt wächst, für Rehmenfeld sind etwa 300 Wohneinheiten geplant, in Gehrstücken sollen auch welche entstehen, auf dem Ilo-Gelände sind die Arbeiten zu 360 bereits gestartet. Braucht Pinneberg so viel Wohnraum?

Hamburg wächst. Die Region um diese Großstadt ebenfalls. Das ist positiv. Und damit natürlich auch Pinneberg. Der Bedarf ist da. Wichtig ist dabei, dass die Anzahl der neuen Wohneinheiten mit der sozialen Infrastruktur in Einklang gebracht wird. Und genau aus diesem Grund hat die Politik die zunächst angedachte Anzahl an Wohneinheiten z.B. im Ilo-Park und neu im Rehmenfeld deutlich nach unten geschraubt und dabei auch an den sozialen Wohnungsbau mit einer entsprechenden Quote gedacht.

Wie hält Pinneberg die Waage zwischen Bedarf und Flächenversiegelung?

Es ist für Pinneberg unverzichtbar, dass mehr Gewerbeflächen ausgewiesen werden. Hier möchte ich an die Beantwortung der Frage Nr. 2 erinnern. Ja, das bedeutet Flächenversiegelung. Ist aber unbedingt notwendig, damit unsere Finanzen gesunden können.

Parallel dazu geben wir genau acht, dass unsere schöne grüne Stadt auch grün bleibt – zugunsten des Klimas, für das Wohlgefühl des Einzelnen und für die kommenden Generationen. Nehmen Sie beispielsweise die Parkstadt Eggerstedt, in der Grün und Bauen im Einklang sind.

Könnte der ausgerufene Klimanotstand dem Bauboom ein Ende machen?

Das glaube ich nicht. Der Bauboom bricht ein, wenn die Konjunktur nachlässt oder die Darlehnszinsen steigen. Bis dahin gilt es, kluge Entscheidungen für die Zukunft zu treffen, natürlich auch im Sinne des Klimaschutzes.